Dienstag, 21. Juli 2015

Ein Schrecken ohne Ende

...dabei wäre es schon fast ein Ende mit Schrecken geworden. Nicht nur ein Mal.

Am 26. August 2014 war es dann soweit. Ich wurde der Sachwalter meiner Mutter (siehe Dokument anbei). Die Richterin meinte bei einem vorangegangenen persönlichen Termin, dass der Hausverkauf noch abgeschlossen werden müsste und da wäre die Expertise meiner Vorgängerin gefragt. Diese war Rechtsanwältin. Nun war der Hausverkauf unter Dach und Fach.

Für ihre Dienste des vergangenen Jahres musste ich ihr 6.369,88 Euro abzüglich des Verkaufspreises des Mercedes meiner Mutter überweisen. Diese 1.300 Euro hatte sie schon in der Tasche. Das wurde vom Gericht als gerechtfertigt angesehen. Von mir natürlich nicht, denn ich wusste, wie wenig sie sich in dem Zeitraum um meine Mutter gekümmert hatte. Abgestimmt auf die Sachwalterentschädigung bekommt auch das Gericht eine Aufwandsentschädigung, in diesem Fall 1.533 Euro. Auch dieses Geld überwies ich. Das Haus mit 1.000 Quadratmetern Grund in bester ruhiger Lage in Purkersdorf, einem Vorort von Wien, wurde um 300.000 Euro verkauft. Ich kann schwer einschätzen, ob das zu wenig war. Zusammen mit diesem Geld hatte meine Mutter bei der Übernahme ein Vermögen von 321.891,52 Euro. Das Heim kostet an Monaten mit 31 Tagen 4.155,86 Euro und sonst 4.021,80 Euro. Für den Eigenbedarf (Einkäufe, Friseur, Pediküre, Wäschewaschen, Zigaretten,...) braucht sie ca. 350 Euro pro Monat. Durchschnittlich hat sie also ca. 4.500 Euro im Monat an Ausgaben. An Pension erhält sie ca. 1.200 Euro (inklusive Witwenpension) plus ca. 300 Euro Pflegegeld. Somit ergibt sich ein Minus von 3.000 Euro im Monat. Ihr Vermögen reicht also noch für ca. 8 Jahre in diesem Heim.

Ihrer Ansicht nach wird sie dort nur aufbewahrt und abgehandelt. Die meiste Zeit liegt sie (freiwillig) im Bett in ihrem Einzelzimmer. Wenn jemand zu ihr kommt, dann um Medikamente zu verabreichen oder Essen zu bringen. Es ergibt sich kein Gespräch. Selbst wenn es diese Intension seitens der Pflegekräfte gäbe, es wäre kaum möglich, denn das Pflegepersonal spricht durchwegs schlechtes oder gar kein Deutsch. Aus ihrer Sicht wird sie nicht richtig gewaschen. Deshalb macht sie das lieber selbst. Das Essen schmeckt ihr nicht. Dort wird nicht frisch gekocht, es wird geliefert und aufgewärmt. Dinge, die ihr schmecken würden wie Pommes frites gibt es nie. Es ist ein Pflegeheim, doch meine Mutter ist kein Pflegefall. Solange sie das nicht ist, hat sie allerdings gewisse Privilegien. Sie wird in Ruhe gelassen. Später würden sie sie zum Essen hinaus holen und an einen Sessel fixieren. Selbst wenn sie körperlich abbauen würde, sie verschwiege es. Denn es gibt nichts was sie mehr fürchtet, als nicht mehr aufstehen zu können und der Pflege dort ausgeliefert zu sein. Nachdem sie aber in keinster Weise gefördert wird und sie auch am liebsten im Bett liegt, ist dieses Schicksal aber absehbar.

Die meisten Menschen in diesem Heim sind ein Pflegefall. Sie hat niemanden mit dem sie spazieren gehen kann oder eine angeregte Konversation führen kann. Sie wird körperlich und geistig schnell abbauen. Wenn ich ihr sage, dass sie dort nicht hin gehört, weil sie kein Pflegefall ist, dann entgegnet sie mir, sie könne aber jederzeit einer werden und dann wäre sie schon am richtigen Ort und müsste nicht wieder umziehen. Hier beißt sich die Katze irgendwie in den Schwanz. Hinzu kommt noch, dass dieses Heim keinen Vertrag mit dem Land Niederösterreich hat. Sobald sie kein Geld mehr hat, müsste sie ohnehin ausziehen, weil dann das Land die Kosten nicht übernimmt. Und wenn sie sowieso dann umziehen muss, dann doch so lange sie noch besser beieinander ist. Aber das will sie nicht. Ich war mit ihr sogar schon ein anderes Heim ansehen, das ihr bei der Besichtigung gut gefallen hat. Es ist ein Betreutes Wohnen mit ca. 10 Wohneinheiten in einem Haus mit Garten, nicht weit weg beim Wienerwaldsee. Es würde dort jeden Tag frisch gekocht werden und nur Hälfte kosten. Ich weiß nicht wer sie dann bearbeitet hat, aber eine Woche später hatte sie einige fadenscheinige Gründe, warum das dort sicher nicht besser wäre. Ich kann nur sagen, dass sie aus der Sicht des jetzigen Heimes wenig Arbeit macht...

Sie wünscht sich jeden Abend am nächsten Morgen nicht mehr aufwachen zu müssen. Das Thema, wie sie es das nächste Mal versuchen könnte, damit es sicher klappt, das sparen wir mittlerweile aus. Diese ausweglose Situation belastet mich und selbst als ihr Sachwalter kann ich ihr keinen besseren Platz organisieren, wenn sie das nicht will. So lebt sie nun ein Leben, das ihr aufgezwungen wird in einer Unterbringung um viel Geld für Pflegeleistungen, die sie nicht in Anspruch nimmt und selbst wenn sie das müsste, solange wie möglich verschweigen würde. Ich stehe dem Ganzen hilflos gegenüber und sehe mein Erbe dahinschwinden – für nichts. Wenn sie wenigstens noch ein gutes Leben damit leben würde, dann ergäbe das Ganze wenigsten noch irgendeinen Sinn, aber so ist es einfach nur zutiefst erschütternd.

Umso mehr ich darüber nachdenke, desto schlimmer ist es für mich. Also versuche ich trotzdem irgendwie Frieden damit zu schließen und nicht so oft daran zu denken. Wenn ich sie dann besuche oder mit ihr telefoniere, dann können wir nur oberflächlich miteinander sprechen, weil alles andere zu belastend ist. Mir gelingt es nicht immer. Und dann kommt das Elend dieser ganzen Situation und der Vergangenheit hoch. Danach geht es mir natürlich nicht gut und die Abstände zwischen den Besuchen werden größer. Wer kann mir das schon verübeln, nachdem er/sie alle Einträge dieses Blogs gelesen hat. Einziges Trostpflaster ist, dass ich dann Ende August die Sachwalterentschädigung verrechnen darf. Und da sind wir dann wieder bei jenem Thema, das meine ganze Kindheit vergiftet hat, das gute alte verdammte Geld. Es hat das Leben meiner Mutter bestimmt und somit auch mir die so wichtige Zeit bei ihr genommen. Und es ist das was am Ende bleibt, zumindest noch ca. 8 Jahre. Dann ist auch das dahin.

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