Montag, 9. September 2013

Meine väterlichen Wurzeln

Wie schon erwähnt, ist nun meine Abstammung von Pepi Matauschek sicher. Ein Grund, sich ihn und seine Herkunft genauer anzusehen.

Zur Vaterschaftsfeststellung möchte ich noch folgendes erörtern: Pepi Matauschek hatte einen Bruder und dieser wiederum zwei Söhne, meine Cousins. Die Hypothese des Gerichts war, dass wir alle folglich denselben Großvater haben müssten und sich das genetisch über die männliche Linie leicht feststellen lässt. Das Gericht lud sie beide vor, eine Speichelprobe abzugeben. Einer weigerte sich partout, aber der andere gab sie nach mehrfacher Aufforderung dann doch ab. Und tatsächlich: Über seine und meine Probe wurde der gemeinsame Großvater nachgewiesen! Das Gerichtsverfahren dauerte 1,5 Jahre. Aber am 3. Jänner 2012 wurde endlich der entsprechende Beschluss verfasst. Ich habe ihn an den Eintrag vom 6. September gehängt, weil ich für heute schon viel Bildmaterial vorgesehen habe. Nachdem es keinen wirklichen persönlichen Kontakt mit meinem Erzeuger gab, bleibt mir nur eine Sammlung von Zeitdokumenten. Davon gibt es zum Glück reichlich.

Pepi Matauschek entstammt nämlich einer legendären Wienerlied-Familie, der sogar lange nach deren Hochblüte eine CD gewidmet wurde. Folgend ein Auszug aus dem Booklet dieser CD: „Gebrüder Hans, Fritz (mein Großvater) und Karl haben zu ihrer Zeit nicht nur die Entwicklung des Wienerliedes als aktive Musikanten mitgestaltet, sie waren auch Inspiration und Vorbild für einige Generationen von Sängern. Und nicht zu vergessen – in ihren Lokalen waren auch die bedeutendsten Wienerliedkomponisten jener Jahre anzutreffen, als Stammgäste und als Klavierinterpreten bzw. -begleiter.“

Pepi Matauschek wuchs in diesem Umfeld auf, eignete sich das Spielen von Klavier bzw. Ziehharmonika an und lernte die Wienerlieder seiner Zeit sozusagen im Vorbeigehen mit. Später begann er eine Lehre zum Drogisten. Der Krieg kam dann dazwischen und er sollte diesen Beruf nie ausüben. Seine um zehn Jahre ältere Schwester heiratete eine Limonadenfabrikanten, in dessen Firma er irgendwann einstieg. Die Firma Getränke Ammersin gibt es heute noch www.ammersin.at. Als meine Mutter in kennen lernte war er dort Prokurist. In Pension ging er in einer hohen Position bei der E.A. Generali.

Über die Familie Matauschek gibt es sogar eine Diplomarbeit aus dem Jahr 1985, die ich als Kopie bei mir habe. Sie entstammt der Feder einer gewissen Maria Walcher, welche später das Wiener Volksliedwerk leiten sollte und dann zur Generalsekretärin des österreichischen Volksliedwerkes aufstieg. 1985 war er 60 Jahre alt. Im Zuge der Diplomarbeits-Interviews wurden die beiden Freunde und sie ermutigte ihn dazu, wieder die Ziehharmonika zu quetschen. Schließlich hatte er ein Repertoire im Kopf, das in dieser Form niemand spielen konnte und welches ein Bindeglied zwischen dem Wienerlied von Gestern und Heute darstellte. Nach einer mühsamen Zeit des Übens bei dem das alte Können wieder hervorgeholt wurde, gingen sie dann sogar auf Tournee und gaben einen Wienerlied-Kurs auf der Wiener Volkshochschule. 1995 erhielt er für sein Wirken rund um das Wienerlied das Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich.

Sein Bruder war mit Trude Mally, einer berühmten Wienerliedsängerin, verheiratet. Die Ehe ging in die Brüche aber nach Jahrzehnten beschlossen Pepi Matauschek und sie wieder gemeinsam aufzutreten. Das war in den 1990ern. Bei einem oder zwei dieser Auftritte war auch ich anwesend. Er wollte aber nicht, dass es zu einer auffälligen Begegnung kommt. Mit „der Sohn von der Taxlerin“ gab ich mich in der Pause oder nach dem Auftritt zu erkennen. Das war aber nur der Rahmen für eine persönliche Zusammenkunft, aber keiner für ein Kennenlerngespräch. Es wäre an ihm gelegen, mich zu einem Extratreffen einzuladen. Das tat er aber nicht.

Im Juni 2000 beschloss ich nicht länger auf die Einladung zu warten und ihn einfach aufzusuchen. Ich bat meine Mutter mir einen Kontakt herzustellen. Doch leider erfuhr sie in diesem Zusammenhang, dass er am 19. Jänner desselben Jahres wegen Probleme mit den Rückenwirbeln ins Spital musste und nach monatelangem Leiden am 5. Juni verstorben war. Scheinbar waren wir doch über ein unsichtbares Band verbunden. Mein Wunsch nach Kontakt und das zeitgleiche Ableben können aus meiner Sicht nicht reiner Zufall sein. Doch leider hatte ich knapp die Gelegenheit verpasst ihn kennen zu lernen.

Lange Zeit stand er bei mir auf einem Podest. Doch heute nehme ich ihm übel, dass er nie den Kontakt zu mir gesucht hat. Zumindest heimlich hätten wir uns treffen können. Ich kann auch nicht darüber hinwegsehen, dass er, von seinem baldigen Ableben wissend, er mich trotzdem nicht über meine Mutter einlud, ihn im Spital aufzusuchen. Auch hat er mich nicht in seinem Testament berücksichtigt. Es wäre für alle genug da gewesen. Er besaß ein großes Haus in Breitensee, Ländereien und sehr wahrscheinlich auch sonstiges Vermögen. Wenigstens nach seinem Tod hätte er zu mir stehen können. Aber das wollte seine Frau wahrscheinlich nicht. Sie wusste von mir. Es gibt einen Brief von ihr an meine Mutter in dem sie u.a. um Vorsicht hinsichtlich Krankheiten bittet und sich als diejenige sieht, die zu diesem Zeitpunkt in Bezug auf ihren Mann den Kürzeren zieht. Am Ende hat sie dann doch irgendwie gewonnen.

Das Vermögen wurde am selben Tag, an dem sie es erbte, auf jemand anderen überschrieben: Leo Gasparin. Tragischerweise ist diese Person eine Art Adoptivsohn, den die beiden lieb gewonnen hatten, weil sie ja gemeinsam keine Kinder bekommen konnten. Sie lernten seine Eltern und ihn kennen, weil sie als Kroaten in Wien Urlaub machten und im Hotel meines Onkels abstiegen. Nach etlichen Urlauben und Jahren bleib er dann in Wien um hier eine Ausbildung zu machen und zog bei Pepi Matauschek ein. Sie wollten ihn wirklich adoptieren. Aber wegen einer Fahrerflucht nach einem Unfall mit Personenschaden war er vorbestraft, was die Adoption verhinderte. Sogar ihre Kontakte zu einem Minister namens Soronitsch konnten daran nichts ändern. Bis zum Tod von Pepi Matauschek lebte er in dessen Haus und tut das gemeinsam mit der Witwe wahrscheinlich bis heute noch. Ihm gehört jetzt alles, obwohl es keine leibliche Verwandtschaft gibt. Und trotzdem ich gerichtlich anerkannter Sohn bin, habe ich keinen Zugriff auf „mein“ Erbe. So gern ich etwas davon hätte, wäre es doch nur ein schwacher Trost für die verkorkste Beziehung zu meinem Erzeuger Pepi Matauschek.

CD-Booklet der oben genannten CD; Foto: Mein Großvater mit meinem Vater (Mitte) und Onkel
Flyer des Wienerlied-Kurses auf der Volkshochschule
Flyer der Auftritte, wo ich auch war
Pate mit Leo Gasparin auf selber Stufe wie die Witwe
Gedenkveranstaltung mit Präsentation einer In Memoriam-CD

1 Kommentar:

  1. ad erbe: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/79/Seite.792044.html#Uneheliche_Kinder - auch keinen anspruch auf den pflichtteil?
    mischa
    p.s.: super blog! manche szenen, die du beschreibst, würde ich mir in form von dialogen wünschen....mach weiter!

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