Zur Vaterschaftsfeststellung möchte ich noch folgendes
erörtern: Pepi Matauschek hatte einen Bruder und dieser wiederum zwei Söhne,
meine Cousins. Die Hypothese des Gerichts war, dass wir alle folglich denselben
Großvater haben müssten und sich das genetisch über die männliche Linie leicht
feststellen lässt. Das Gericht lud sie beide vor, eine Speichelprobe abzugeben.
Einer weigerte sich partout, aber der andere gab sie nach mehrfacher
Aufforderung dann doch ab. Und tatsächlich: Über seine und meine Probe wurde
der gemeinsame Großvater nachgewiesen! Das Gerichtsverfahren dauerte 1,5 Jahre.
Aber am 3. Jänner 2012 wurde endlich der entsprechende Beschluss verfasst. Ich
habe ihn an den Eintrag vom 6. September gehängt, weil ich für heute schon viel
Bildmaterial vorgesehen habe. Nachdem es keinen wirklichen persönlichen Kontakt
mit meinem Erzeuger gab, bleibt mir nur eine Sammlung von Zeitdokumenten. Davon
gibt es zum Glück reichlich.
Pepi Matauschek entstammt nämlich einer legendären
Wienerlied-Familie, der sogar lange nach deren Hochblüte eine CD gewidmet
wurde. Folgend ein Auszug aus dem Booklet dieser CD: „Gebrüder Hans, Fritz
(mein Großvater) und Karl haben zu ihrer Zeit nicht nur die Entwicklung des
Wienerliedes als aktive Musikanten mitgestaltet, sie waren auch Inspiration und
Vorbild für einige Generationen von Sängern. Und nicht zu vergessen – in ihren
Lokalen waren auch die bedeutendsten Wienerliedkomponisten jener Jahre
anzutreffen, als Stammgäste und als Klavierinterpreten bzw. -begleiter.“
Pepi Matauschek wuchs in diesem Umfeld auf, eignete sich das
Spielen von Klavier bzw. Ziehharmonika an und lernte die Wienerlieder seiner
Zeit sozusagen im Vorbeigehen mit. Später begann er eine Lehre zum Drogisten.
Der Krieg kam dann dazwischen und er sollte diesen Beruf nie ausüben. Seine um
zehn Jahre ältere Schwester heiratete eine Limonadenfabrikanten, in dessen
Firma er irgendwann einstieg. Die Firma Getränke Ammersin gibt es heute noch www.ammersin.at. Als meine Mutter in
kennen lernte war er dort Prokurist. In Pension ging er in einer hohen Position
bei der E.A. Generali.
Über die Familie Matauschek gibt es sogar eine Diplomarbeit
aus dem Jahr 1985, die ich als Kopie bei mir habe. Sie entstammt der Feder einer
gewissen Maria Walcher, welche später das Wiener Volksliedwerk leiten sollte
und dann zur Generalsekretärin des österreichischen Volksliedwerkes aufstieg.
1985 war er 60 Jahre alt. Im Zuge der Diplomarbeits-Interviews wurden die
beiden Freunde und sie ermutigte ihn dazu, wieder die Ziehharmonika zu
quetschen. Schließlich hatte er ein Repertoire im Kopf, das in dieser Form niemand
spielen konnte und welches ein Bindeglied zwischen dem Wienerlied von Gestern
und Heute darstellte. Nach einer mühsamen Zeit des Übens bei dem das alte
Können wieder hervorgeholt wurde, gingen sie dann sogar auf Tournee und gaben
einen Wienerlied-Kurs auf der Wiener
Volkshochschule. 1995 erhielt er für sein Wirken rund um das Wienerlied das
Goldene Ehrenzeichen der Republik Österreich.
Sein Bruder war mit Trude Mally, einer berühmten
Wienerliedsängerin, verheiratet. Die Ehe ging in die Brüche aber nach
Jahrzehnten beschlossen Pepi Matauschek und sie wieder gemeinsam aufzutreten.
Das war in den 1990ern. Bei einem oder zwei dieser Auftritte war auch ich
anwesend. Er wollte aber nicht, dass es zu einer auffälligen Begegnung kommt. Mit
„der Sohn von der Taxlerin“ gab ich mich in der Pause oder nach dem Auftritt zu
erkennen. Das war aber nur der Rahmen für eine persönliche Zusammenkunft, aber
keiner für ein Kennenlerngespräch. Es wäre an ihm gelegen, mich zu einem
Extratreffen einzuladen. Das tat er aber nicht.
Im Juni 2000 beschloss ich nicht länger auf die Einladung zu
warten und ihn einfach aufzusuchen. Ich bat meine Mutter mir einen Kontakt
herzustellen. Doch leider erfuhr sie in diesem Zusammenhang, dass er am 19.
Jänner desselben Jahres wegen Probleme mit den Rückenwirbeln ins Spital musste
und nach monatelangem Leiden am 5. Juni verstorben war. Scheinbar waren wir
doch über ein unsichtbares Band verbunden. Mein Wunsch nach
Kontakt und das zeitgleiche Ableben können aus meiner Sicht nicht reiner Zufall
sein. Doch leider hatte ich knapp die Gelegenheit verpasst ihn kennen zu
lernen.
Lange Zeit stand er bei mir auf einem Podest. Doch heute
nehme ich ihm übel, dass er nie den Kontakt zu mir gesucht hat. Zumindest heimlich
hätten wir uns treffen können. Ich kann auch nicht darüber hinwegsehen, dass er, von seinem baldigen Ableben wissend, er mich trotzdem nicht über meine Mutter einlud, ihn im Spital aufzusuchen. Auch hat er mich nicht in seinem Testament berücksichtigt. Es
wäre für alle genug da gewesen. Er besaß ein großes Haus in Breitensee,
Ländereien und sehr wahrscheinlich auch sonstiges Vermögen. Wenigstens nach
seinem Tod hätte er zu mir stehen können. Aber das wollte seine Frau
wahrscheinlich nicht. Sie wusste von mir. Es gibt einen Brief von ihr an meine
Mutter in dem sie u.a. um Vorsicht hinsichtlich Krankheiten bittet und sich als
diejenige sieht, die zu diesem Zeitpunkt in Bezug auf ihren Mann den Kürzeren
zieht. Am Ende hat sie dann doch irgendwie gewonnen.
Das Vermögen wurde am selben Tag, an dem sie es erbte, auf
jemand anderen überschrieben: Leo Gasparin. Tragischerweise ist diese Person
eine Art Adoptivsohn, den die beiden lieb gewonnen hatten, weil sie ja
gemeinsam keine Kinder bekommen konnten. Sie lernten seine Eltern und ihn kennen, weil sie als Kroaten in Wien Urlaub machten und im Hotel meines Onkels abstiegen. Nach
etlichen Urlauben und Jahren bleib er dann in Wien um hier eine Ausbildung zu
machen und zog bei Pepi Matauschek ein. Sie wollten ihn wirklich adoptieren. Aber wegen einer Fahrerflucht nach
einem Unfall mit Personenschaden war er vorbestraft, was die Adoption
verhinderte. Sogar ihre Kontakte zu einem Minister namens Soronitsch konnten daran nichts ändern.
Bis zum Tod von Pepi Matauschek lebte er in dessen Haus und tut das gemeinsam
mit der Witwe wahrscheinlich bis heute noch. Ihm gehört jetzt alles, obwohl es
keine leibliche Verwandtschaft gibt. Und trotzdem ich gerichtlich anerkannter
Sohn bin, habe ich keinen Zugriff auf „mein“ Erbe. So gern ich etwas davon
hätte, wäre es doch nur ein schwacher Trost für die verkorkste Beziehung zu meinem Erzeuger Pepi Matauschek.
CD-Booklet der oben genannten CD; Foto: Mein Großvater mit meinem Vater (Mitte) und Onkel |
Flyer des Wienerlied-Kurses auf der Volkshochschule |
Flyer der Auftritte, wo ich auch war |
Pate mit Leo Gasparin auf selber Stufe wie die Witwe |
Gedenkveranstaltung mit Präsentation einer In Memoriam-CD |
ad erbe: https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/79/Seite.792044.html#Uneheliche_Kinder - auch keinen anspruch auf den pflichtteil?
AntwortenLöschenmischa
p.s.: super blog! manche szenen, die du beschreibst, würde ich mir in form von dialogen wünschen....mach weiter!